Author:
Lutz Pietschker
Version: 2014-05-30
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Ein schöner Morgen; alles, was draußen war, ist nass vom Tau, trocknet aber in der Sonne schnell. Zeit für Experimente: Kann man auf dem Trangia Brotscheiben mit Käse überbacken? Antwort von Radio Eriwan: Im Prinzip ja, aber es kann Nebenwirkungen geben. Der Käse ist weich, aber der Plastikteller, den ich als Deckel des "Ofens" verwendet habe, sieht jetzt aus wie von Dali gemalt. Man bekommt für 1 € einfach keine Qualität mehr :-)
Eigentlich weiß ich ja seit gestern früh, dass um einen Trangia herum alles sehr heiß wird: Da habe ich nämlich den Schnallriemen des Kochersets im Bodenteil festgeschweißt, weil ich zu faul war, ihn ganz abzumachen.
Der Wissenschaft ist Genüge getan, ich gehe gegen 9 h wieder aufs Wasser. Und die nächsten 10 km sind wirklich der allerschönste Teil der Strecke, bei prachtvollem Wetter. Die Spree ist schmal, hat eine merkbare Strömung und windet sich durch Wald und Wiesen. Jede Menge Vögel sind unterwegs, und die Libellen nutzen immer wieder das Boot, um ein paar Meter umsonst mitzufahren (das tun sie aber eigentlich überall). Ich meine, ich hätte sogar zwei Adler gesehen, jedenfalls waren es klar große Raubvögel, und sie hatten einen breiten Fächerschwanz. Leider war mein Fotoapparat den möglichen Motiven auch nicht annähernd gewachsen. Manchmal gibt es auch ein paar Sekunden absoluter Stille, wo ich mich mit langsamen, geräuschlosen Paddelschlägen über den Fluss bewege. Solche Augenblicke vergisst man nicht.
Wenn ihr den schönsten Teil der Spree paddeln wollt: Hier ist er. Oder besser doch nicht, es wäre schade, wenn es hier zu voll wird.
Bei Drahendorf fließt die Drahendorfer Spree in die Oder-Spree-Wasserstraße, die hier Fürstenwalder Spree heißt. Das Nadelwehr wird durch eine Bootsschleppe umgangen, die einen neuen, ganz wunderbar leichten Alu-Bootswagen hat, den man auch solo ganz leicht benutzen kann. Tatsächlich ist der so leicht, "der schwimmt sogar auf Milch" (auf Spreewasser auch); wenn man ihn schnell in Wasser fährt, kann die Luft nicht schnell genug aus den Hohlprofilen, und er kann aufschwimmen.
Wer nach dieser schönen Strecke am liebsten schon wieder aufhören will, kann sich jetzt am Rastplatz "Forsthaus" niederlassen, praktisch gegenüber der Mündung der Drahendorfer Spree.
Danach wird es für 11 km etwas nüchtern. Die Fürstenwalder Spree ist eine Bundeswasserstraße, und so sieht sie auch aus; Gegenwind und brennende Sonne verbessern die Sache auch nicht. Breit, Ufer mit Steinschüttung, Berufs- und Sportschifffahrt, es ist vor allem nach der Drahendorfer Spree ein etwas herber Abfall, absolut gesehen aber eigentlich gar nicht so hässlich. Hier ist man bereits westlich der Scheitelstelle der Spree-Oder-Verbindung (die liegt nämlich östlich der Schleuse Kersdorf, nicht weit rechts von der Umtragestelle Drahendorf), ab hier geht es bis Spandau also nur noch bergab.
Nach 7,5 km, kurz nachdem man die große Brücke der B12 unterquert und den Abzweig zum Dehmsee passiert hat, kommt an einem Nebenarm der Ort Berkenbrück mit Strandbad, Imbiss, Unterkunftsmöglichkeiten. Hier wäre ein guter Platz zum Ausruhen, Pause machen, Essen oder so, und ich hätte das ruhig wahrnehmen sollen. Mir war aber nicht danach, und bin ohne große Pause weiter gefahren. Bockig und, rückblickend betrachtet, ziemlich blöd.
Hafen Fürstenwalde in Sicht
Futtermittelherstellung und -verladung
Treidelbrücke im Schleusenbereich
Anleger zur Bootsschleppe…
…aus gutem Grund wenig benutzt
Auch sonst sehr idyllisch
Ein Extra-Schleusengang nur für mich!
Irgendwann kommt dann Fürstenwalde in Sicht, und zwar zunächst der Industriehafen. Am auffälligsten sind die großen Silos der Futtermittelfabrik. Es ist ein großes Areal, für 2 km paddelt man an Frachtschiffen, Lagerhäusern, benutzten und auch verfallenen Hafenbecken entlang, dann ist man im Stadthafen an der Schleuse. Hier gibt es Werften, (große) Liegeplätze und eine Außenstelle des WSA Berlin; eine (leider nicht begehbare) Treidelbrücke überspannt den Abzweig zum Stadthafen und erinnert daran, wie man vor der Zeit der "Selbstfahrer" die Schleppleichter im Hafenbereich bewegt hat. Vor allem ist hier aber die große Schleuse, Fallhöhe 0,9 m, mit zwei Kammern, die mit jeweils 67 m Kammerlänge zwar groß, für Europaschiffe aber zu klein sind.
Auch an Paddler hat man gedacht. Prinzipiell jedenfalls. Es gibt eine Bootsschleppe, die aber merkwürdig verlassen und unbenutzt aussieht. Aus gutem Grund: Der Bootswagen ist nicht nur schwer, sondern hat auch ein Paar Lenkrollen, die sich (wahlweise beim Ein- oder Ausfahren aus dem Wasser) in den U-Schienen total verkeilen. Hat anscheinend nie jemand ausprobiert, oder einmal probiert und dann aufgegeben. Der Idylle-Faktor dieses Teils der Schleusenanlage ist allerdings ganz, ganz hoch, ein Blick lohnt sich.
Der Schleusenwärter weiß von der unbrauchbaren Bootsschleppe und schleust mich durch die große Südkammer, sobald sie frei ist. 570 Kubikmeter Wasser den Bach runter, nur für mich allein!
Rastplatz beim RV Fürstenwalde
"Der Turm der Tiere" von Lutz Hähnel, allgemein "Fürstenwalder Stadtmusikanten" genannt
Gemütlicher Ausklang
Abendstimmung
Der in der Broschüre ausgewiesene Rastplatz in Fürstenwalde hat eine Besonderheit: Er liegt auf dem Gelände des Ruderclubs Fürstenwalde 1893 e.V., und der erwartet zu Recht, dass man sich anmeldet, bevor man übernachtet; die Broschüre erwähnt das leider nicht (Details bitte den Webseiten des Vereins entnehmen, Abschnitt "Kontakt"). Also musste ich Herrn Mattha noch einmal rausklingeln, er kam auch sofort und hat mir als Alternative zum eigenen Zelt einen Platz im "Strohsack" angeboten, dem Unterkunftsgebäude auf dem Clubgelände. Ich bin ein fauler und schwacher Mensch und bin daher sofort und dankbar darauf eingegangen.
Eine gute Entscheidung: Die Räume für mich alleine (Etagenbetten, 6-12 pro Raum), eine Dusche wie ein Wasserfall, Kühlschrank, Spülbecken, Bierkiste, Schlüssel zum Gelände, alles auf Vertrauensbasis. Meinen ganz, ganz herzlichen Dank an den Ruderclub und besonders an Herrn Mattha!
Wenn schon Luxus, dann richtig, also bin ich die Spreepromenade entlang nach Fürstenwalde-City gegangen und habe indisch gegessen. Ganz nett, auch wenn diese Inder einen ganz seltsamen Begriff von "scharf" hatten; vielleicht gab es schon Beschwerden, wenn sie wirklich indisch scharf kochen. Das Schälchen mit grüner Currysoße war hinterher jedenfalls fast leer.
Zur Stadt selbst kann ich nicht viel sagen; im zweiten Weltkrieg ist sehr viel zerstört worden, und so findet man zwischen Resten einer mittelalterlichen Stadtmauer und Neuzeit-üblichen Einkaufszentren alles (letztere übrigens leider geschlossen, da Sonntag). Auf einem Kinderspielplatz an der Stadtmauer sind als Klettergeräte unter anderen ein Belagerungsturm mit Rammbock und ein "pluteus" (Schutzwand) aufgebaut; so gewöhnen sich schon die Kleinen daran, dass der Mensch auch wieder zerstören kann, was er aufgebaut hat.
Es war jedenfalls eine nette Abwechslung, mal wieder unter Leuten zu sein. Zurück im Bootshaus habe ich dann in der Abendsonne auf der Bank gesessen und bei einem Bierchen im "Röde Orm" weiter gelesen.
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