Author:
Lutz Pietschker
Version: 2011-10-01
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Diese Etappe ist lang und bietet nach Bötzow keine Möglichkeiten für Unterkunft und Verpflegung, hier muss man selbst vorsorgen. Es geht durch den Stadtpark aus Hennigsdorf hinaus und bei Bötzow in den Oberkrämer Wald, entlang der alten Poststraße zwischen Berlin und Hamburg. Es folgen viele Kilometer durch den schönen Wald, unterbrochen und abgeschlossen durch je eine Autobahnquerung.
Vor Flatow und Linum wird der Weg jeweils etwas unerfreulich, wegen Mülls bzw. eines etwas wilden Straßenabschnitts. Ich würde bei einer nochmaligen Wanderung für diese Strecken auf jeden Fall Alternativrouten suchen, z.B. über Tietzow.
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Ich starte auf dem Bahnhofsvorplatz von Hennigsdorf (siehe Etappe 1). Durch die Fußgängerzone Havelpassage, über den Markt, links am Hotel Mercure vorbei kommt man zum Stadtpark und begegnet auch schon dem ersten Wegweiser mit dem Pilgerzeichen. Diese Markierung, oft vereinfacht zu drei aufgesprühten orangefarbenen Punkten, begleitet einen zuverlässig, so lange man auf dem vorgesehenen Weg bleibt; die Markierung des Weges ist wirklich vorbildlich.
Etwas albern fand ich, dass zusätzlich oft noch die eine oder andere Jakobswegmarkierung angebracht ist (die stilisierte Muschel gelb auf blau oder der Fisch auf silbernem Grund), aber ich lasse meine Meinung zum Thema Jakobsweg und zu entrückten Komikern jetzt mal außen vor.
Nach ca. 1,5 km lässt man die letzten Häuser hinter sich und geht auf Forststraßen und durch Felder bis zur Querung der Bahnlinie (km 4,5) und dann auf der Straße direkt nach Bötzow hinein (km 6). Mein Versuch, die Straße zu vermeiden und die Bahn unten per Feldweg zu queren, endete in einer nassen Brennesselwiese und dann per Hochkrabbeln doch auf der Straße. Kurz vor der Bahn habe ich übrigens meine ersten Rehe an diesem Tag gesehen.
Spaßig fand ich einige Sockel entlang der Strecke, mit denen ich erst nichts anfangen konnte; sie stellten sich später als Sockel für nachgemachte Meilensteine heraus, denen eben nur der Steinobelisk selbst fehlte. Solche Dinger findet man, komplett oder eben nicht, tatsächlich entlang der ganzen Strecke immer wieder mal. Wer die Idee wohl hatte?
In Bötzow gibt es Pferde, ein paar schöne Häuser, und eine Feldsteinkirche– das kann man über die meisten Orte am Weg sagen, und ich blieb nicht lange genug, um mehr herauszufinden. Interessant ist vielleicht, dass der Ort seinen Namen erst seit 1694 hat, vorher hieß er, sicher weniger tourismusfördernd, Cotzebant. Einen Ort namens Bötzow gab es vorher auch schon, das ist das Städtchen, das seit 1653 bis heute Oranienburg heißt, zu Ehren von Luise Henriette von Oranien. 1694 kaufte Kurfürst Friedrich III. das Dorf Cotzebant von Heinrich Wilhelm von der Gröben und benannte es sofort um; der Name Bötzow war frei geworden und gefiel ihm anscheinend, also wurde der neue Besitz so genannt. Ich denke, das war ganz gut so; "Cotzebant Bier" zum Beispiel hört sich vielleicht nicht so verlockend an.
Ja, ich weiß, der Name des Bieres hat mit dem Ort direkt nichts zu tun.
Nach Westen aus Bötzow hinaus führt eine Asphaltstraße, von der ein Asphaltweg abzweigt, der klar als Alte Poststraße ausgeschildert ist (km 7,4). An einem Wanderparkplatz vorbei geht es in den Krämer Wald (km 8,5), den man dann längere Zeit nicht mehr verlässt. Der Weg ist eine schöne Fahrspur mit Gras in der Mitte, mit ein bisschen Schotter und Ziegelschutt drin; das angekündigte alte Kopfsteinpflaster fand ich nie, vielleicht fehlt mir der Blick dafür. Beeindruckend sind aber die alten und großen Bäume am Weg: Kiefern, Eichen, Birken vor allem, es ist wirklich ein Weg unter einem hohen Laubdach. Schilder warnten mich vor dem Eichenprozessionsspinner; wie sich herausstellte, ist das kein durchgeknallter Pilger, sondern ein baumschädlicher Schmetterling.
Zeichen der alten Poststraße tauchen dann bei km 11,7 auf: ein echter Meilenstein und ein nachgemachter Wegweiser, und ein paar Meter danach kommt schon der Rastplatz Ziegenkrug, wo früher eine Poststation und Gasthaus gleichen Namens war. Hier kreuzte die Poststraße auch die Straße nach Kremmen. Kurz hinter dieser Stelle raschelte es plötzlich im Wald, und zwei Rehe kreuzten die Straße im gestreckten Galopp, vielleicht 10 m vor mir.
Die Poststraße war von 1650 bis 1893 in Betrieb, existierte also zur Zeit der Wilsnacker Wallfahrten noch längst nicht, aber möglicherweise nutzten beide einen vorhandenen Weg, dessen Verlauf sich über die Zeiten erhalten hat. Die Straße geht weiter schnurgerade durch den Wald, vorbei an der Försterei Krämerpfuhl (km 15,3), über eine Landesstraße und, jetzt mit Basaltschotter unterlegt, an einem weiteren Wanderparkplatz vorbei, bis sie bei km 16,1 nach Norden knickt und bei Reckins Eiche an die Autobahnbrücke kommt (km 17).
Die Sage geht, dass hier der Förster Reckin zur Zeit der französischen Besetzung (1806 oder kurz danach) aus einer hohlen Eiche heraus auf Franzosen schoss, bis ihn der Pulverrauch verriet und die Kameraden seines letzten Opfers ihn selbst erschossen. Ca. 400 m südlich ist eine Stelle, die als Reckins Grab bezeichnet wird (eine Grabstätte mit einem Gedenkstein). Wie authentisch die Geschichte und die Orte sind, ist sehr unklar, ich habe aber trotzdem einen Birkenzweig auf den Grabstein dieses preußischen Partisanen gelegt. Sowohl am Grab als auch an der (neu gepflanzten) Eiche sind übrigens Rastplätze.
Geocacher aufgepasst: Hier ist mindestens ein Cache zu finden!
Wer die Autobahnbrücke verfehlt haben sollte, kann sie auf den Reitwegen entlang der sehr belebten A10 (Berliner Ring) wieder erreichen. "Wilde" Querungen sind nicht empfehlenswert; evtl. hören die Angehörigen dann erst in den Verkehrsnachrichten wieder von ihrem Wanderer.
Es geht weiter westwärts durch den Wald; an einer Schutzhütte mit Rastplatz (km 19) knickt der Weg wiederum nach Norden und stößt bei km 20,7 auf eine Straße, die über die Autobahn A24 führt. Ab hier wird die Strecke weniger schön: Hinter der Autobahn geht es links runter, über einen Parkplatz mit illegaler Müllkippe zu einem reizlosen Weg, der vorerst parallel zur Autobahn nach Westen führt. So bei km 22,5 knickt er dann nach rechts und wird etwas netter, quert einen alten Bahndamm (ohne Gleise) und erreicht Flatow, das eine Mischung aus netten Häuschen und verfallenen Gebäuden jeder Art ist, leider sind auch letztere teilweise noch bewohnt.
Ca. 300 m hinter der Kirche von Flatow zweigt die Apfelallee nach links ab, und jetzt kommt ein nettes Stück Weg an Obstbäumen entlang, durch Felder, und durch ein Stückchen Wald. Bei km 27 schlägt das Schicksal aber zu: Es folgen 2,5 km entlang der Landesstraße, die weder einen Radweg noch ein begehbares Bankett hat. Was ich hier an Autofahrerverhalten erlebt habe, reicht mir für immer; mindestens waren die Fahrer im Zweifel, ob man eher eine Linie oder einen Wanderer überfahren darf, der Gipfel waren zwei Fahrer, die mich noch etwas weiter herausdrängten und dazu obszöne Gesten angemessen fanden. Auf die Idee, etwas abzubremsen, kam kaum einer.
Einheimische berichteten, dass der Bau eines Rad- oder Fußweges seit Jahren an Streitigkeiten der beteiligten Gemeinden Fehrbellin und Kremmen scheitert.
Wer das überlebt hat, findet in Linum mehrere Gasthöfe und Restaurants und, wenn er Glück hat, sogar Störche (es gibt sie, aber wenn sie im Nest sitzen, sieht man sie kaum). An der Kirche wurde ich von Schwester Anneliese sehr freundlich "eingefangen" und durfte mir zusammen mit anderen Gästen eine wirklich interessante und pfiffig vorgetragene Schilderung der Geschichte des Ortes Linum, der Kirche und der Schwestern Luise und Wilhelmine Hensel anhören (erstere bekannter, letztere aber auch mit einer beeindruckenden Biographie). Danach ging es mir wieder viel besser.
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